Isar München, Isar-Blog

 

Isar-Arbeitskreis und offene Isar-Plattform 

Der Isar-Blog von Forum und Redaktion Die neue Isar wirkt als offener Diskussions-und Arbeitskreis zu allen Isar-Themen. Als Basis hierfür bietet er eine gleichfalls offene Nachrichten-, Themen- sowie Ideenplattform zu sämtlichen Aspekten und Entwicklungen an der Isar, welche die Buchreihe Die neue Isar ergänzt, bei der auch Isar-Literatur, in Lyrik und Prosa, ihren Platz findet. Dabei schreiben in diesem Isar-Blog, ebenso wie für die Isarbücher, eine Vielzahl kompetenter AutorenInnen. Geographisch betrachtet deckt deren Themenfächer die gesamte Isar mit all ihren Streckenbereichen ab. An dieser Diskussion kann sich grundsätzlich jeder beteiligen, Fachbeiträge veröffentlichen, sofern sie fundiert sind und von inhaltlicher Kenntnis ihrer Themen zeugen.

Derzeit richtet sich der Fokus hier vor allem auf die Weiterführung des Isarplan-Projekts (“Isarplan 2 + X”) in München (siehe auch bei regelmäßiger “Offener Isar-Stammtisch” im Café Tambosi unter der Überschrift „Neue Konzepte der Bürgerbeteiligung und die künftige Weiterentwicklung des Projekts Isarplan auf dem Link www.die-neue-isar.com/isarrenaturierung/isarplan), doch auch auf die nächsten Renaturierungs-Schritte an der Isar südlich Münchens, mit Schwerpunkt Mühltal, sowie das Vorhaben, im Zuge der sog. Energiewende nach und nach eine ganze Reihe von Kleinkraftwerken in der freifließenden Isar zu errichten und in Betrieb gehen zu lassen, ohne daß es bisher gewährleistet erscheint, daß die Kraftwerksbetreiber hierfür zu einem angemessenen Ausgleich in Form weiterer Renaturierungsmaßnahmen von der Politik verpflichtet werden.

Um dies, im Kontext eines Gesamtkonzeptes für die bayerischen Flüsse, dennoch zu erreichen, bedarf es eines breiten öffentlichen Drucks auf Konzern wie auch Politik.

In diesem Isar-Blog erfahren Sie Hintergründe und Details zu allen Themen, die Sie in Presse und offiziellen Verlautbarungen vergeblich suchen.

Über genannte Themenschwerpunkte hinaus werden hier gerne auch Beiträge zu anderen Isar-Abschnitten veröffentlicht. Ein seperater Blog wiederum mit dem speziellen Fokus auf Englischer Garten in München mit Eisbach und Schwabing als einstiges Künstlerviertel findet sich unter dem Link www.nymphenspiegel.de/nymphenspiegel-baende/schwabing-blog-englischer-garten-eisbach-muenchen.

Zu den Stärken eines Blogs gegenüber den Publikationen der Isarbuchreihe gehört

  • eine schnellere und besonders ergiebige Verbreitung wichtiger Informationen zur Isar über das Internet,
  • die Möglichkeit, auch sehr kurzfristig auf Ereignisse und Entwicklungen zu reagieren,
  • ein prinzipiell grenzenloser publizistischer Raum, nicht zuletzt vom Platzangebot aus betrachtet.

Dieser Isar-Blog ist als Erweiterung der Isarbuchreihe gedacht, nicht jedoch als Ersatz, da diese wiederum ganz eigene Potentiale besitzt. Was es mit der Reihe Die neue Isar nun genau auf sich hat, erfahren Sie, um mich auf dieser Homepage nicht allzu oft zu wiederholen, unter den weiteren Links dieser Seite.

Ein besonderes Anliegen dieses Isar-Blogs ist, wichtige Informationen zur Isar schnell und allgemein zugänglich zu machen und die Bürgerbeteiligung hinsichtlich flußbaulicher Entscheidungen, insbesondere bezüglich möglicher weiterer Renaturierungsvorhaben, aber auch bei stadtplanerischen Projekten, die in Zusammenhang mit der Isar stehen, zu stärken.

Gründungsdatum dieses Isar-Blogs ist der 14. Oktober 2011

Er stellt insofern einen Offenen Isar-Arbeitskreis mit entsprechendem publizistischen Forum dar, weil hier grundsätzlich jede(r) etwas zu Isar-Themen veröffentlichen kann, sofern die Beiträge fundiert und innovativ sind. Künstlerische Texte finden hierin, neben fachlichen und journalistischen, natürlich ebenfalls ihren Platz, wie auch in den Bänden der Reihe Die neue Isar. Wer davon einen Eindruck erhalten möchte kann dies unter dem Link www.die-neue-isar.com/isarkunst-isarkultur-isarleben/isar-lyrik-isar-literarisch

Um die eingehenden Beiträge zu beurteilen, werden sie vorab redaktionell gesammelt, qualitativ geprüft und, wo nötig, in enger Abstimmung mit der Autorin bzw. dem Verfasser, auch lektoriert.

Bei Interesse, in diesem Isar-Blog einen eigenen Beitrag zu plazieren, wenden Sie sich bitte an die Redaktion unter Mail: nymphenspiegel@aol.com. Der zuletzt publizierte Isarartikel findet sich hierbei immer an erster Stelle, ältere Beiträge rücken einfach nach unten weiter.  

Ralf Sartori, Forum und Redaktion Die neue Isar

 

Bisher enthaltene Beiträge:

  • Offener Isar Arbeitskreis „Isarplan 2 +X“ lädt monatlich ins Café Tambosi von Ralf Sartori/ in diesem Blog ab 30. Dezember 2011
  • „Energiewende“, „Umweltrecht“ und privatwirtschaftliche Interessen zu Lasten der Natur, von Ralf Sartori/ in diesem Blog ab 5. November 2011
  • Kraftwerkebetreiber holen zum nächsten Fischzug an der Isar aus/ Das neue Restwasserkraftwerk in Baierbrunn und seine Bedeutung/ eine weitere Welle des „Isar-Ausverkaufs“ / Zum erforderlichen Gesamtkonzept / Hintergründe zur fachlichen Planung und Umsetzung bei Fluß-Renaturierungen von Ralf Sartori/ in diesem Blog ebenfalls ab 5. November 2011 / nun zum dritten Mal aktualisiert am 24. Juni 2012. Im Zusammenhang mit der sog. Energiewende und dem Vorhaben des weiteren Ausbaus der Wasserkraftnutzung an bayerischen Flüssen finden sich interessante Hintergrund-Informationen und Argumente der Naturschutz-Verbände unter dem Link www.die-neue-isar.com/isarrenaturierung/energiewende-wasserkraft-bayerische-fluss-allianzen.
  • Ein zaghafter Auftakt und die Musik beginnt/ Der Isarplan in München: Zwischenbilanz, von Dr. Nico Döring/ publiziert: Samstag, 15. Oktober 2011

 

Offener Isar Arbeitskreis „Isarplan 2 +X“ lädt monatlich ins Café Tambosi

von Ralf Sartori/ in diesem Blog ab 30. Dezember 2011

Ab 2012 lädt das Forum neue Isar im Nymphenspiegel monatlich zum Isar-Stammtisch ins Café Tambosi in München, am Hofgarten/ Odeonsplatz, jeweils Freitag, den 6., 13., 20. und 27. Januar, immer um 18 Uhr. An dieser Offenen Isar-Gruppe kann jeder teilnehmen. Die genauen Termine dazu finden sich im gemeinsamen Veranstaltungsprogramm des Forum neue Isar mit dem Nymphenspiegel Kulturforum München unter dem Link http://www.die-neue-isar.com/kontakt/isar-veranstaltungen-nymphenspiegel-kultursalon-programm. Beim Offenen Isar-Stammtisch des Forum neue Isar kann man sich über sämtliche Isar-Themen informieren, insbesondere zu weiteren Entwicklungen an der Münchner Isar. Und da das Forum neue Isar sich, u.a. auch im Zusammenhang mit diesem Themenbereich, für mehr echte Bürgerbeteiligung einsetzt, sind Anregungen und Vorschläge, wie es künftig an der Münchner Isar weitergehen sollte, jederzeit willkommen. Die besten Ideen darunter werden in den weiteren Bänden der Reihe Die neue Isar veröffentlicht oder bereits vorab auf dieser Homepage des Naturschutz-, Bürger- und Kultur-Forums www.die-neue-isar.com, die von den zuständigen Behörden durchaus wahrgenommen wird; und zwar unter der Überschrift Neue Konzepte der Bürgerbeteiligung und die künftige Weiterentwicklung des Projekts Isarplan auf dem Link www.die-neue-isar.com/isarrenaturierung/isarplan.

Die LH München hält sich zwar immer wieder ihre vermeintlich vorbildliche Bürgerbeteiligung zugute, doch worin diese aktuell bestehen könnte, im derzeitigen Findungs- und Ideen-Prozeß, wie es an der Isar in München weitergehen soll, hat sich mir bisher nicht entschlossen. Es finden hierzu zwar offenbar behördeninterne Workshops und Arbeitsgruppen statt und auch das langjährig bewehrte Münchner Forum, das randseitig ein wenig eingebunden ist, lädt in einem überschaubaren Kreise zur Diskussion mit Fachreferenten und Behörden-Vertreter, doch ich frage mich: Wo erreicht dieser Diskussions- und Findungsprozeß auch nur ansatzweise die Münchner Bevölkerung? Die es doch schließlich vorrangig betrifft, was in ihrer Stadt planerisch geschehen soll. Wir haben in München so einige Stadtteil-Häuser wie beispielsweise die Seidl-Villa in Schwabing, die Mohr-Villa in Freimann etc.

Entsprechende Einrichtungen sind vorhanden. Warum trägt man den beschriebenen Prozeß also nicht einfach mehr in die Breite? Mistrauen Grüne und SPD dem Wagnis, ein wenig mehr Basis-Demokratie zuzulassen so sehr? Ich dachte bisher, die Grünen stünden genau dafür. Dabei ginge es hier noch gar nicht einmal um Basis-Demokratie per eigentlicher Definition, sondern nur um eine realistische Einbindung der Münchner Bevölkerung, die diesmal kein Etiketten-Schwindel ist. 

Redaktion und Forum Die neue Isar setzen hier ein Beispiel und tragen diesen Prozeß in die Öffentlichkeit. Einerseits berichten wir über neue Entwicklungen und Vorhaben im Zusammenhang mit der Isar in den Bänden der Reihe Die neue Isar und auf dieser Homepage, andererseits lassen wir die Münchnerinnen und Münchner aber auch selbst zu Wort kommen und sammeln Bürgervorschläge zu weiteren möglichen Maßnahmen an der Münchner Isar: in der virtuellen Welt unter www.die-neue-isar.com/isarrenaturierung/isarplan, aber eben auch in der realen, bei den monatlichen Treffen im Café Tambosi am Odeonsplatz und in den Isarbüchern dieser Reihe.Mehr dazu unter ww.die-neue-isar.com/die-neue-isar.  

Ralf Sartori

 

 

Der nun kommende Beitrag befindet sich in Band 3 Die neue Isar. Jener im Anschluß daran folgende, in Band 4 Die neue Isar. Aufgrund der hohen Dringlichkeit deren Inhalte finden sich beide Artikel bereits vorab in diesem Blog veröffentlicht.

 

„Energiewende“, „Umweltrecht“ und privatwirtschaftliche Interessen zu Lasten der Natur

von Ralf Sartori/ in diesem Blog ab 5. November 2011

In Folge des unvermittelten Atomausstiegsbeschlusses, der viel früher bereits – und dann besser vorbereitet – hätte getätigt werden können, sowie der daraus resultierenden politischen Entscheidung einer Energiewende, wurde am Bayer. Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit im Sommer 2011 ein eigenes Referat „Ökologische Wasserkraft“ eingerichtet, das inzwischen von Dr. Klaus Arzet geleitet wird, vormals Chef des Wasserwirtschaftsamtes Münchens. (Ein ausführliches Interview mit ihm, zum Projekt „Isarplan“, befindet sich in Band 2 „Die neue Isar“) Zu seinen Aufgaben gehört es nun, den Anteil der Wasserkraft an der Stromerzeugung zu steigern, dabei aber die ökologischen Anforderungen an die Gewässer zu berücksichtigen. Diese plötzliche Neu-Ausrichtung bedurfte natürlich einer schnell zu bewerkstelligenden finanziellen Ausstattung. Und jene wurde bedauerlicherweise durch Umverteilung von Haushaltsmitteln generiert, welche ausgerechnet zu Lasten bereits angedachter und geplanter flußbaulicher Renaturierungsprojekte der Wasserwirtschaftsämter und deren laufenden Budgets geht. Dadurch werden dort gegenwärtig viele der dringend erforderlichen Maßnahmen aus Geldmangel auf Eis gelegt. Nach Aussagen des WWA München müsse man aufgrund dieser Situation derzeit enge Prioritäten setzen, was bedeutet, sich nur noch auf jene Flußabschnitte zu konzentrieren, an denen man den allergrößten Handlungsbedarf sieht, bzw., welche noch nicht den Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie entsprechen. Alles andere sei in der heutigen Situation ganz einfach Kür.

Die eigentlichen, verbindlichen Umweltziele dieser EU-Richtlinie, die im Jahr 2000 in Kraft trat, sind dort in Artikel 4 festgelegt, deren zentralen Vorschrift. Bei oberirdischen Gewässern gelten demnach folgende Ziele:

  • guter ökologischer und chemischer Zustand in 15 Jahren,
  • gutes ökologisches Potential und guter chemischer Zustand bei erheblich veränderten oder künstlichen Gewässern in 15 Jahren,
  • Verschlechterungsverbot.

Dringenden Handlungsbedarf, um diese Vorgaben umzusetzen, sehe man derzeit, was die Isar betrifft, vor allem in ihrem mittleren Bereich, nördlich Münchens. Und dort seien auch schon konkrete Maßnahmen vorgesehen, weil in diesem Flußabschnitt bereits unmittelbar Durchbrüche der Flußsohle drohten, sich der Fluß bereits soweit eingetieft habe, daß das Kiesbett stellenweise nur noch sehr dünn oder bereits ganz ausgespült worden sei.

Daß nun die nötigen Mittel für die Energiewende zu Lasten der Gewässerpflege und Fluß-Renaturierungen gehen, stellt sich angesichts der Tatsache, daß die Atomindustrie jahrzehntelang mit Milliardenbeträgen an Steuermitteln subventioniert wurde und deren Hinterlassenschaften sicherlich die Ausgabe ungezählter weiterer Steuermilliarden erforderlich machen werden, für die Lagerung des Atommülls sowie den aufwendigen Rückbau der Anlagen, als höchst unangebracht, und – man muß es leider sagen – nur allzu typisch für die gewohnte politische Praxis dar, die auch dort noch Lobbyisten-Interessen bedient, wo sie vorgibt, es endlich nicht mehr zu tun. Geradezu zynisch, vor allem deshalb, weil die Kosten für Flußrenaturierungen, verglichen mit diesen gigantischen Summen, weit weniger als Portokassenbeträge ausmachen würden und man den Energie-Konzernen, die zum Betrieb ihrer AKW´s zudem die Flüsse jahrzehntelang benutzt hatten, nun einen angemessenen Beitrag für „Energiewende“ und Flußrenaturierungen hätte abverlangen müssen. Denn sie haben sowohl von unserem Gemeinwesen wie auch von den Fließgewässern lange Zeit erheblich profitiert.

Doch nicht genug damit, daß der Prozeß der natürlichen Wiederherstellung unserer Flüsse finanziell so hemmungslos ausgetrocknet wird: Oft werden Renaturierungsmaßnahmen wie Flußaufweitungen durch den stellenweisen Rückbau der Uferverbauungen – sogar da, wo dies gefahrlos und eigentlich unkompliziert möglich wäre –, die man ohne große Kosten, nennenswerten Zeit- und Materialaufwand bewerkstelligen könnte, durch Naturschutz-, FFH-Richtlinien und teilweise von Umwelt- und Naturschutzverbänden, erschwert. Was in diesen Zeiten knapper Mittel, gleichbedeutend ist mit verhindert. Den Hintergrund dafür bildet, daß zum einen viele ehemalige Auwaldbereiche hinter den noch belassenen kanalisierenden Ufer-Versteinungen mittlerweile als FFH-Gebiete ausgewiesen – und dadurch in statischer Form per Verordnung geschützt sind. Zum Anderen orientieren sich diese Richtlinien fatalerweise nicht vorrangig an einem herzustellenden Optimalzustand der gesamten Flußlandschaft mit ihren sich darin von Natur aus dynamisch verändernden Übergangsbereichen, sondern am häufig gestörten Ist-Zustand bereits bestehender statischer, da vom Fluß abgeschnittener Habitate und ihren darin noch vorhandenen geschützten Arten, hinter den vielerorts immer noch fest vermauerten oder mittlerweile zumindest durch Flußeintiefung meist zu hoch liegenden Ufern. Die folgenschwere Konsequenz dessen ist, daß geltendes Naturschutz-Recht eine unter gegebenen örtlichen Bedingungen weitestmögliche Fluß-Renaturierung damit erschwert. Oder kurz gesagt: Naturschutzrecht verhindert oftmals weitere Renaturierungsschritte. Ein Beamter der Fachbehörde brachte es auf den Punkt: „Wir können häufig Verbesserungen an den Flüssen nicht herbeiführen, da auch ganz einfache Maßnahmen, wie die Entfernung einiger hundert Meter Flußbausteine, fast immer aufwendige naturschutzrechtliche Genehmigungsverfahren erfordern. Und nicht selten mußten wir daher paradoxerweise gerade für Renaturierungsmaßnahmen an den Flüssen Ausgleichsflächen finden und zur Verfügung stellen: für den Naturschutz. Dazu kommt, daß solche Genehmigungsverfahren manchmal schon so aufwendig und kompliziert sind, daß wir auch für einfache Eingriffe, mit dem Ziel, dem Fluß an manchen Stellen wieder etwas mehr seiner Eigendynamik zu erlauben, eigens ein professionelles Planungsbüro hinzuziehen müssen. Und dafür fehlt zur Zeit ganz einfach jegliches Geld.“

Was müßte also geschehen, damit die Natur nicht im bürokratischen Sumpf eines manchmal zu schwerfälligen und teilweise auch fehlgeleiteten Naturschutz-Rechts steckenbleibt? Und: Bräuchten wir EU-rechtlich nicht eine eindeutige Wertepriorität, insofern, daß die Förderung der natürlicher Dynamik (Sukzession) unserer Flußlandschaften grundsätzlich einen höheren Stellenwert erhält als der unbedingte Schutz statischer FFH-Gebiete?

Doch möglicherweise sind da auch noch andere Ursachen für die steckengebliebenen Maßnahmen?

Wenn Walter Binder in Band 3 Die neue Isar schreibt „Die Entwicklung der renaturierten Isar im Bereich Mühltal wird von den Verantwortlichen mit wissender Gelassenheit begleitet, um bei Bedarf steuernd eingreifen zu können.“, dann klingt das vor dem Hintergrund drastischer ministerieller Mittel-Austrocknung eher etwas spekulativ. Bei einem Gespräch im WWA München, September 2011, erhielt ich, als die Rede auf den als Pilotprojekt herausragenden und bedeutsamen Abschnitt Mühltal kam, die unmißverständliche Auskunft, daß diese Teilstrecke, verglichen mit anderen, flußökologisch als so hochwertig eingestuft werde, daß diese derzeit in keiner Weise im Fokus der Betrachtung stehe. Als ich die Situation dort im Detail beschrieb, zeigte man sich über genannte Verschlechterungstendenzen sehr erstaunt.

Und noch einmal Walter Binder: „Das Pilotprojekt „Mühltal“ betritt Neuland für alle Beteiligten und bedarf einer flexiblen Anwendung der bestehenden Vorgaben der Wasser-, Wald- und Naturschutzgesetze, insbesondere der Flora- Fauna- Habitat Richtlinie (FFH – Richtlinie), da das Isartal  im Bereich „Mühltal“ als „Natura 2000 Gebiet“ ausgewiesen worden ist. Grundlage für weitere Entscheidungen sollte deshalb ein entsprechendes biologisches und flußmorphologisches Monitoringprogramm sein. Damit kann die Entwicklung des renaturierten Flußabschnittes dokumentiert und bewertet werden, um dann daraus den weiteren Handlungsbedarf abzuleiten zu können.“ Dieser Forderung Walter Binders kann man sich nur anschließen! Ein solches Monitoring, das vom Landesamt für Umwelt durchzuführen wäre, finde jedoch (über die Erfüllung der allgemeinen Maßgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie hinausgehend), nach Aussage des WWA München, nicht statt und sei auch künftig nicht vorgesehen. Und was die „flexible Anwendung der bestehenden Vorgaben der Wasser-, Wald- und Naturschutzgesetze, insbesondere der Flora- Fauna- Habitat Richtlinie (FFH – Richtlinie)“ anbelangt, ist, hinsichtlich jener Bereiche, wenig zu spüren, wo es eines dringend erforderlichen Rückbaus noch bestehender Uferbefestigungen bedürfte. Dafür hingegen zeigte man ein erstaunlich hohes Maß an Flexibilität, als man im Bereich des Kraftwerkes Mühltal einen langgezogenen Sicherungskeil aus Flußbausteinen mitten ins Naturschutzgebiet setzte. Eine neue Ufersicherung, die an dieser Stelle offenbar überflüssig ist (siehe entsprechenden Beitrag von Dr. Nico Döring n Band 3 Die neue Isar) und sogar zu weiteren Eintiefungen flußabwärts führt.

Eine weitere Erschwernis für die gegenwärtige Fortführung der im Gewässerpflegeplan vorgesehenen, bisher aber nur bruchstückhaft umgesetzten Renaturierungsmaßnahmen besteht wohl darin, daß die Unterhaltspflicht der einzelnen Isar-Teilstrecken, beispielsweise von der Pupplinger Au bis zur südlichen Stadtgrenze Münchens, die derzeit vor allem im Themen-Fokus dieser Isarbuchreihe stehen, jedoch auch nördlich der Landeshauptstadt, im Hinblick auf vorzunehmende Renaturierungsarbeiten, nun größtenteils beim privatwirtschaftlichen Kraftwerkebetreiber E.on liegt. Bei der Neu-Konzessionierung all dieser Kraftwerke, Ende der 1990er Jahre, wurden die im jeweiligen Gewässerpflegeplan (heute Gewässerentwicklungskonzept genannt) dazu enthaltenen weitreichenden Vorgaben nur teilweise in die einzelnen Wasserrechtsbescheide aufgenommen, aus Vorsicht, wie man sagt, weil damals noch kaum Erfahrungen mit Flußrenaturierungen bestanden, auf die man hätte zurückgreifen können, und da man fürchtete, andernfalls auch auf größere Widerstände hierzu in den Gemeinden und Landratsämtern zu stoßen. Man wollte erst einmal sehen, was passiert, bei einer Teil-Umsetzung der fachlich empfohlenen Maßnahmen. So die Begründung dieser für die Betreiber überaus freundlichen Vorgehensweise; damals waren das die privaten Isar-Amper-Werke sowie die staatlichen Bayernwerke. Längst sind diese Wasserrechtsbescheide auf die E.on Wasserkraft als deren Rechtsnachfolgerin übergegangen. Nun haben wir aber heute offenbar die Situation, daß an jenen Flußabschnitten, wo der Konzern seine im Bescheid festgehaltenen Renaturierungsverpflichtungen (laut Gutachten) bereits erfüllt hat, dieser zu keinen weiteren Maßnahmen mehr verpflichtet werden kann. Er könnte sich nur freiwillig dafür entscheiden, in Abstimmung und Zusammenarbeit mit den Wasserwirtschaftsämtern, aus eigener Motivation, sei es, um eine mögliche Verhandlungsmasse zu generieren, die er einsetzen kann, um seine Interessen andernorts zu befördern – oder auch nur, um sich ein besseres Öko-Image zu geben. Gerade diesbezüglich bedürfte es jedoch noch einer breiteren, aktiveren und kreativen Öffentlichkeit, den Konzern zu motivieren.

Nun stellt sich in diesem Artikel offenbar ein interessanter Widerspruch dar: Wenn das WWA München nämlich sagt, im Bereich „Mühltal“ sei der „ökologische Zustand“ der Isar mittlerweile so gut, daß man derzeit keinen Handlungsbedarf sehe und die knappen Ressourcen anderswo einsetzen müsse, drängt sich doch die Frage auf: Könnte, bzw. dürfte das Amt dort überhaupt eigene Ressourcen einsetzen, beispielsweise um noch weitere Vorgaben des Gewässerpflegeplans umzusetzen, wenn doch E.on hier für die Renaturierung `zuständig´ ist und darüber hinaus seine Verpflichtungen aus dem Rechtsbescheid für diesen Isar-Abschnitt bereits erfüllt hat? Wäre das WWA für weiterführende Maßnahmen juristisch überhaupt noch zuständig bzw. gar dazu befugt? Diese Frage beschied ein Mitarbeiter der Behörde wie folgt. „Das kann ich Ihnen nicht so einfach beantworten, da dieses Themenfeld hochkomplex und auch juristisch schwierig ist.“

Diese und die folgenden Fragen sind nun an den Schluß dieses Beitrags gestellt, da er seine Fortsetzung in Band 4 finden wird. Damit soll nicht vorrangig die Arbeit der Wasserwirtschaftsämter hinterfragt werden, die sicherlich, angesichts der knappen Ressourcen, überwiegend gut bis hervorragend ist, sondern die politischen Rahmenbedingungen. Zudem ist zu hinterfragen, wie genau – in den einzelnen Isar-Abschnitten, die konkret zu benennen wären – die Zuständigkeiten zwischen der E.on-Wasserkraft und der staatlichen Wasserwirtschaft vertraglich aufgeteilt und geregelt sind. Ferner: Wie weitgehend und an welchen Streckenabschnitten der Isar ist dem Konzern die Erfüllung seiner Renaturierungs-Verpflichtungen gemäß des betreffenden Wasserrechts-Bescheides, ungeachtet der noch bestehenden Renaturierungsdefizite, bereits gutachterlich bescheinigt worden, bzw. die Erzielung des anzustrebenden sog. „guten ökologischen Zustandes“ dort? Denn im Falle eines solchen Gutachtens ist dieser eben rechtlich aus der Pflicht genommen, noch weitere Maßnahmen durchzuführen, solange, bis die Frist der jeweiligen Kraftwerks-Konzession wieder abgelaufen ist. Erst wenn diese neu verhandelt wird, kann man dem Konzern weitere Renaturierungsmaßnahmen abverlangen. Übrigens ist hier die gutachterliche Instanz durch die Wasserwirtschaftsämter selbst vertreten, die solche Gutachten entweder in eigener Regie erstellen oder ein externes Büro damit beauftragen (Grundlage dieser Gutachten ist, neben dem Bescheid, die EU-Wasserrahmenrichtlinie). Und diese Ämtern befinden sich dadurch in einem Dilemma: „Wir können für einen weiteren Rückbau der Uferbefestigungen in unserem Zuständigkeitsbereich ohnehin keine öffentlichen Gelder einsetzen, da eine solche Unternehmung gar nicht in unsere Verantwortlichkeit fällt, sondern in jene der E.on-Wasserkraft – und die ihre Pflicht (nach eigenem Gutachten) schon abgegolten hat.“ Allerdings gebe es noch gewisse Spielräume im Rahmen der laufenden eigenen Unterhaltspflicht. Welche `Spielräume´ sind hier gemeint und wie stellen diese sich dar?

Wurden an manchen Ämtern solche Gutachten womöglich allzu konzernfreundlich erstellt? Bestanden hierzu ggf. politische Vorgaben? Falls ja, welcher Art? Ist die Entscheidung darüber, wie wir in Zukunft mit unseren Flüssen umgehen, nicht längst von der Politik privatisiert und damit unseren Händen entnommen? Denn schließlich gilt so ein Wasserrechtsbescheid mindestens für 25 bis 30 Jahre. Ein unvorstellbarer Zeitraum, für den wir die Frage möglicher weiterer Renaturierungsschritte an einen Konzern deligiert haben und hier folglich auf den guten Willen dessen Managements angewiesen sind. Ist eine solche Praxis im Grundsatz überhaupt mit demokratischen Prinzipien zu vereinbaren? Weiter wäre zu hinterfragen, auf welchen fachlichen Grundlagen ggf. der „Gute ökologische Zustand seitens der Wasserwirtschaft bescheinigt worden war. Gab es hierfür (wenn ja, an welchen Abschnitten) ein solides wissenschaftliches Monitoring über einen längeren Zeitraum hinweg, um auch Tendenzen deutlich zu erfassen? – wie dies zumindest hinsichtlich der Entwicklung des Pilotprojekt Mühltal, seit Beendigung der Renaturierung, bisher (über die Mindest-Standarts der EU-Wasserrahmenrichtlinie hinausgehend) nicht stattfand. Inwieweit war, wo Monitorings durchgeführt wurden, auch die flußmorphologische Gesamtsituation Gegenstand der Untersuchung oder ging es nur um die punktuelle Erfassung einzelner Aspekte wie „Wasserqualität“ und „biologische Durchgängigkeit“? Zu Letzterem konnte ich bisher nur eine knappe Stellungnahme erhalten: „In der EU-Wasserrahmenrichtlinie ist der sog. „gute Zustand“ europaweit festgelegt, ebenso die Erhebungsgrundlage, auch im Isarabschnitt Mühltal wurde das komplette Untersuchungs- und Monitoring-Instrumentarium angewendet. Weiter Infos dazu auf www.wrrl.bayern.de. Das Prozedere wird alle 6 Jahre wiederholt.“

Zu dem bisher Genannten kommt, daß die sog. Forstreform in Bayern, die 2004 durchgesetzt wurde, allgemein nicht dazu beigetragen hat, von den bewirtschafteten Wald-Gebieten entlang der Isar, die sich in staatlicher Hand befinden, leicht noch Flächen für eine mögliche Wiederausdehnung ihres Fluß-Aue-System zurückerhalten zu können, ohne sich dabei aufwendigen Verfahren oder zumindest oft schwierigen Verhandlungen ausgesetzt zu sehen: nicht zuletzt, da heute ein hoher ökonomischer Druck auf unseren Wäldern lastet, im Vergleich zu der Zeit vor 2004. Und auch bei den Landratsämtern und Kommunen stoßen renaturierungsbegeisterte Amtsleiter und hochmotivierte Mitarbeiter, die es glücklicherweise wirklich und gar nicht selten gibt, nicht immer auf Gegenliebe mit ihren Ambitionen. Denn in den Gemeinden herrscht häufig noch die Haltung vor: „Unsere Vorfahren haben der Isar mühsam Land abgerungen und wir sollen es dem Fluß nun einfach wieder überlassen?!“

Hierzu verlautete aus einem der regionalen Wasserwirtschaftsämter:  „In unserem Amtsgebiet verwalten wir selbst umfangreichste Isaraueflächen. Unsere Flächen reichen für drei Generationen an Isarrenaturierern. Das ist nicht das Problem. Den Engpaß bilden Personal- und Kaptialressourcen, komplexe und langwierige Genehmigungsverfahren (Wasserrecht) und divergierende Interessen der Verbände und Kommunen.“

In Band 4 „Die neue Isar“, der im Juni 2012 erscheint, wird der besonders bedeutsame Isar-Abschnitt – und das Pilotprojekt – Mühltal einer detaillierten Betrachtung unterzogen werden.

Und vielleicht gibt es bis dahin weitere, aussagekräftigere Antworten auf die hier gestellten Fragen – von Behördenmitarbeitern – oder anderer Seite. Wer sich in diesem Isar-Blog der Redaktion – auf www.die-neue-isar.com – schon einmal fachlich fundiert dazu äußern möchte, ist hierzu jederzeit willkommen.

Fokussieren wir zum Schluß aber noch einmal kurz die bisher erfolgten Renaturierungsmaßnahmen im Mühltal: Dort konnte sich das Flußbett schon deutlich aufweiten, die Kiesflächen haben erfreulicherweise zugenommen. Und in einzelnen Bereichen dieser Kiesbänke, die schon länger nicht mehr von einem stärkeren Hochwasser überspült wurden, sind bereits neue Weichholzauengesellschaften aufgewachsen, mit eigenen Altwasserrinnen, was positiv zu werten ist; bedauerlich nur, daß weite Teile des früheren umfangreichen Auwaldes am Ostufer, dessen Flächen im Mühltal noch verfügbar sind, für den Fluß als Gesamtes auch weiterhin verloren bleiben, solange nicht ebenfalls die restlichen Betonverbauungen dort entfernt werden. Der Isar hier nur an einem Ufer Freiheit zu gewähren, drängt sie im Talraum einseitig auf die Westseite, schafft damit eine unnatürliche Situation und engt ihre Bewegungsfreiheit insgesamt unnötig ein. Dabei gilt gerade die Mühltal-Renaturierung als Pilotprojekt mit `Leuchtturmwirkung´. Scheut man womöglich gerade deshalb die Optimierung in diesem Gebiet – wie auch in der Pupplinger Au –, um so die Latte für weitere `Angänge´ an anderen Isar-Abschnitten und weiteren bayerischen Flüssen niedriger zu halten?

Ralf Sartori

 

 

Das GOLDENE FLIEß

Das GOLDENE FLIEß

gehört den Flüssen an,

wie´s schon der Name sagt.

Wer es besitzen will

und halten, der findet´s nicht

oder irrt für lange Zeit

deshalb umher.

Es durchwirkt dafür nur jene,

die auch im steten Flusse sich befinden.

 

Als Hintergrund des Mythos um die Argonauten wird angenomen, daß im goldreichen Kolchis, dem späteren Georgien am Kaukasus, Schafsfelle verwendet wurden (und werden), um Gold aus den Flüssen zu waschen. Ausgrabungen in Georgien haben auch besonders kunstvoll getriebene Goldgegenstände aus den Gräbern der Archaischen und Klassischen Zeit hervorgebracht. „Die einheimischen Bewohner halten dichtwollige Schafsfelle ins Wasser, in denen sich der Goldsand fängt“ (Appian, Mithridatischer Krieg).

 

Kraftwerkebetreiber holen zum nächsten Fischzug an der Isar aus

Und nicht nur dort; andere Flüsse sind ebenso betroffen. Auch heute wird noch Gold aus dem Fluß gewonnen, doch nicht mehr wie früher üblich, sondern eben modern und sehr viel lukrativer: Die Stromgewinnung durch Wasserkraft der Isar erfolgte bisher, mit einer einzigen Ausnahme, des Restwasserkraftwerks am Föhringer Wehr, in eigens dafür angelegten Kraftwerkskanälen, in denen der Isar seit Anfang des 20. Jahrhunderts ein Großteil ihres Wassers abgeleitet wird – im Jahres- und Teilstrecken-Durchschnitt heute deutlich mehr als 80 m3/sek., während im eigentlichen Flußbett etwa 13 m3/sek. verbleiben. Jener Anteil wird in typischer Technokratensprache entlarvend als „Restwassermenge“ bezeichnet, womit nichts anderes als der eigentliche Fluß Isar gemeint ist, bzw. was davon noch übrig ist. Und jene ohnehin kümmerliche Rest-Isar blieb bisher, mit der einen besagten Ausnahme, im Interesse der Natur, von der Energie-Gewinnung verschont. Mit dieser Praxis soll nun auch noch gebrochen werden.

Um es gleich vorweg zu sagen: Dies ist (aus strategischen Gründen) kein Plädoyer, sich im Zuge der Energiewende gegen weitere Kraftwerke – vor allem gegen solche in der freifließenden Isar – um jeden Preis auszusprechen, wenngleich es dafür sehr gute Gründe gäbe, wie aus der Grundsatzerklärung der „Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Fluß-Allianzen“ überdeutlich hervorgeht. Doch es ist politisch gewollt und wird daher – realistisch betrachtet – kaum zu verhindern sein, zumal die Bevölkerung nicht in ausreichendem Maße unterrichtet ist über die verheerenden Auswirkungen der Stromgewinnung aus unseren Flüssen – und daher auch nicht genügend Gewicht für den Flußschutz – unter diesem Aspekt – auf die entsprechende politische Waagschale bringen wird. Daher bedarf es nun rechtzeitig eines Plan B: Falls in Kürze tatsächlich neue Kleinkraftwerke direkt in die Isar hineingebaut werden dürfen, müßte zuvor die Forderung werden, daß dabei die Isar unter dem Strich in maximal möglichem Umfange gewinnt (hierzu wäre Verhandlungsmasse zu schaffen). Derzeit sieht es aber gar nicht danach aus; nicht, weil es nicht möglich wäre, sondern allein, da es offenbar dafür am politischen und behördlichen Willen mangelt, den Betreibern weitere und nennenswerte  Renaturierungsverpflichtungen aufzuerlegen, nicht zuletzt im Gegenzug zu dessen mit den neuen Kraftwerken hereinflutenden Mehr-Einnahmen. Um dies zu erreichen, bräuchte es ein umfassendes Gesamtkonzept für unsere Flüsse, das bisher fehlt –  scheinbar. Denn die Grundlagen dafür wären durchaus vorhanden, da man hierzu ja nur auf die längst bestehenden Gewässerentwicklungskonzepte zurückzugreifen bräuchte, die ohnehin sehr weitreichende Renaturierungsmaßgaben enthalten, welche bisher jedoch, nicht zuletzt aufgrund einer Kraftwerke-Betreiber freundlichen Politik (um es nett auszudrücken), nicht in die betreffenden neuen Wasserrechtsbescheide für die alten Kanalkraftwerke eingegangen sind, also in jene für die bereits an den Ausleitungsstrecken bestehenden, bei deren Neukonzessionierung in den 1990er-Jahren.

Nun könnte man, im Zuge der Genehmigungen möglicher weiterer Kleinkraftwerke in den noch freifließenden Fluß-Abschnitten, von den Betreibern – über die neuen Wasserrechtsbescheide – im Gegenzuge einfordern, die bisher noch nicht einbezogenen Renaturierungsempfehlungen aus den Gewässerentwicklungskonzepten bindend umzusetzen.

 

Das neue Restwasserkraftwerk in Baierbrunn und seine Bedeutung/ eine weitere Welle des „Isar-Ausverkaufs?

Nach der japanischen Reaktorkatastrophe in Fukushima und der daraufhin in Deutschland erfolgten sog. „Energiewende“, wurde beschlossen, im Zuge des Ausbaus der Stromgewinnung aus erneuerbaren Energien, auch den Anteil der Wasserkraft daran zu erhöhen, unter Berücksichtigung allerdings „der ökologischen Anforderungen an die Gewässer“. Eine vortreffliche Maßnahme hierzu läge sicherlich in der Effektivitätssteigerung bestehender Ausleitungskraftwerke. Doch sind durch die in Folge des Atomausstiegsbeschlusses vollzogene energiepolitische Neuausrichtung auch ganz neue Begehrlichkeiten bei den Kraftwerksbetreibern und Gemeinden entstanden, die offenbar wieder bereitwillig von der Politik bedient werden sollen.

Allerdings hat E.on den Neubau einer Wasserkraftanlage an der Isar, am Wehr Baierbrunn, bei Fluß-km 162,45 bereits 2009, also schon zwei Jahre vorher, beantragt. Nun soll aber, wie aus gut informierten Kreisen zu erfahren war, auf politische Weisung hin, dem Antrag in jedem Fall stattgegeben werden, sofern keine ortsrelevanten Gründe dagegen ins Feld geführt werden könnten. Um nun möglichen Gegenargumenten hierzu gleich schon im Ansatz vorzubeugen, hat der Konzern eine vorbildlich naturfreundliche Planung eingereicht, mit einer neuartigen, besonders fischschonenden VLH-Turbine und anderen Vorkehrungen in dieser Hinsicht. Doch gerade in dieser Vorbildlichkeit liegt die eigentliche Tücke, die Bestandteil einer Expansions-Strategie ist. Denn sobald ein solches neues Restwasserkraftwerk in der freifließenden Isar einmal genehmigt ist, könnten sich weitere Anträge auf dieses Verfahren stützen, käme das der Schaffung eines Präzedenzfalles mit Pilotwirkung gleich. Vergleichbare Kraftwerksvorhaben wurden bereits bekundet, wie beispielsweise ein Restwasserkraftwerk am Ickinger Wehr (ebenfalls E.on) nach selbigem Muster oder eines am Ende des Loisach-Isarkanal, welcher derzeit noch über eine imposante Rampe mit erlebbarem Getöse in die Isar rauscht. Des Weiteren haben an der mittleren Isar (Restwasserstrecke) diverse Gemeinden ihr Interesse an eigenen Kleinkraftwerken schon artikuliert. Auch die Stadtwerke München kämen als Betreiber hierfür grundsätzlich in Betracht. Das Interesse kommt also nicht allein von Seiten der E.on, sondern scheint insgesamt breit gestreut. Im Falle eines solchen Dammbruchs würden sich später aber auch die Gewässer-Unterhaltungspflichten unter den verschiedenen Nutzern weiter aufspalten. All diese Verantwortlichen wieder an einen Tisch zu bringen, um ein noch dringend ausstehendes, über den bisherigen Stand der Renaturierungsmaßnahmen deutlich hinausgehendes Gesamtkonzept durchzusetzen, würde damit immer schwieriger werden.

Für die Errichtung solcher Kraftwerke kämen zwar nur bereits bestehende Gefällestufen oder Wehranlagen in Frage, damit wären aber solche baulichen Einrichtungen zugleich als dauerhafte Fixpunkte in Fluß und -Landschaft definiert, die künftigen Renaturierungsvorhaben früher oder später unüberwindlich im Wege stünden.

Und insgesamt würde diese Entwicklung das Ziel, zwischen Bad Tölz und Landshut einen durchgängig turbinenfreien (Ausnahme: Restwasserkraftwerk am Oberföhringer Wehr), fischökologisch funktionsfähigen, durchgängigen Fließgewässerlebensraum zu erhalten, bzw. herzustellen, auf Dauer unerreichbar machen.

Dazu kommt, daß auch die neuen fischfreundlicheren VLH-Turbinen, nach dem Verfahrens-Gutachten, eine Fisch-Mortalität von durchschnittlich einem Prozent, quer durch alle Arten, mit sich brächten. Das klingt erst einmal nach einem hinnehmbaren Verlust, doch in Anbetracht der zu erwartenden Summierung zahlreicher weiterer Restwasserkraftwerke in der frei fließenden Isar und all der herkömmlichen Turbinen in den bereits bestehenden Kanalkraftwerken mit deren vielfach höheren Fischmortalitätsquote, wären die Auswirkungen auf den ohnehin schon mangelhaften fischfaunistischen Gesamtzustand der Isar deutlich weiter negativ.

Es geht nicht allein darum, gegen den Bau weiterer Restwasserkraftwerke Position zu beziehen. Das eigentliche Problem liegt vor allem darin, daß in Verbindung mit diesem Genehmigungsantrag, von der Politik, in offenbar bewußter Verkennung dessen Signal- bzw. Pilot-Wirkung, bisher kein Gesamtkonzept entwickelt wurde, die insgesamt dadurch entstehenden negativen Folgen wenigstens auszugleichen, weder für die Isar noch für all die anderen Flüsse, die von dieser Entwicklung betroffen sind.

Doch wer mit dem Betrieb neuer Kleinkraftwerke in der noch frei fließenden Isar ein geschäftliches Interesse verbindet, wäre im Gegenzug dafür sicherlich auch zu weitreichendsten Renaturierungs-Zugeständnissen am Fluß bereit. Und genau dies müßte im Zuge der energiepolitischen Neuausrichtung gegenwärtig auch eingefordert werden – nicht zuletzt im Hinblick auf die Erreichung der in der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie vorgegebenen Ziele. Allerdings behandelt bisher die Politik diesen Genehmigungs-Antrag ausschließlich als Einzelantrag und nimmt damit offenbar billigend in Kauf, mit dessen Bewilligung einen solchen klar vorherzusehenden Dammbruch im Interesse der Industrie zuzulassen, anstatt diesen selbst zu thematisieren und die ganze Frage im Zusammenhang eines dringend erforderlichen Gesamtkonzeptes, mit weitreichenden Ausgleichsmaßnahmen für die Flüsse, zu behandeln. Somit läßt die Politik wieder einmal  eine wichtige Chance unter den Tisch falllen, die Industrie für die weitere Expansion ihrer Profitinteressen an den bayerischen Flüssen angemessen in die Pflicht zu nehmen. Doch genau das wäre ihre doppelte treuhänderische Pflicht, und zwar sowohl gegenüber den bayerischen Flüssen als auch gegenüber dem Steuerzahler. Geschieht hier also ein erneuter Ausverkauf unserer Ressourcen zugunsten von Lobbyisten-Interessen und Konzernen?

 

Zum erforderlichen Gesamtkonzept

Ein solches ist unverzichtbar, um die zusätzlichen negativen Wirkungen auf den Fischbestand, durch das vorhersehbare Entstehen einer Kette von Kleinkraftwerken in der freifließenden Isar, mittels Vorgaben weiterer Flußaufweitungen und Aue-Anbindungen wenigstens auszugleichen. So könnten durch Wiederbefüllungen noch bestehender, aber längst trockengefallener Altwasserrinnen, neue Rückzugs- und Laichbereiche für Fische geschaffen werden.

Darüber hinaus sollte aber gleich auch eine deutliche Verbesserung der flußökologischen Gesamtsituation erzielt werden, indem man den Betreibern auferlegt, über die größtenteils bereits erfüllten Renaturierungsvorgaben der bestehenden Wasserrechtsbescheide aus den 1990er Jahren hinaus, auch noch die verbleibenden Maßnahmen aus den Gewässerentwicklungskonzepten umzusetzen. Denn das wurde bei Erteilung dieser Bescheide Ende der 1990er Jahre versäumt und könnte nun, zumindest an den Flußabschnitten, an welchen ein Restwasserkraftwerk neu beantragt wird, leicht nachgeholt werden. Über den Hintergrund, warum nicht alle darin genannten Maßnahmen in die Bescheide aufgenommen wurden, erfährt der Leser manches in Band 3 Die neue Isar, im Artikel „Energiewende, Umweltrecht und privatwirtschaftliche Interessen zu Lasten der Natur“.

Daß dieses Thema so brennt, liegt vor allem in der Einzigartigkeit der Isar unter unseren Voralpenflüssen, da sie, beginnend im Unterwasser der Staustufe Bad Tölz, durch München hindurch, bis hinab nach Landshut, noch einen circa 120 km langen Flußabschnitt aufweist, der bisher völlig frei von Staustufen geblieben ist, welche zu einer nachhaltigen Unterbrechung das Fließkontinuums geführt hätten. Auf dieser Lauflänge wird Wasserkraft bisher ausschließlich in Werkskanälen genutzt. Der Umstand, daß hier noch ein so langes Fließkontinuum abseits der Wasserkraftnutzung (Ausnahme: Restwasserkraftwerk am Oberföhringer Wehr) für ökologische Verbesserungsmaßnahmen überhaupt zur Verfügung steht, kann gar nicht hoch genug bewertet werden.

Das Mindest-Anliegen wäre daher also, im Zusammenhang mit dem Bau solcher Kraftwerke in diesem Bereich, daß alle Betreiber, die aus der Wasserkraftnutzung ohnehin schon insgesamt Profit ziehen, endlich in angemessenen Umfang in die Pflicht genommen werden, die dadurch für die Natur entstandenen und noch entstehenden Schäden soweit als überhaupt möglich auszugleichen.

Und angemessen kann angesichts der allein schon durch die für die Stromerzeugung notwendige Ausleitung des Wassers in die Werkskanäle verursachten verheerenden Situation für den Fluß nur eines bedeuten: Unter allem, was möglich ist – maximal.

Zudem wirft das Thema, ob dem Bau neuer Kraftwerke, auch in der freifließenden Isar, grundsätzlich zugestimmt werden könne, abgesehen von dessen naturschützerischen Implikationen und Abwägungen, die Frage neu auf, inwieweit es eigentlich überhaupt hinnehmbar bzw. begründbar ist, daß ein privatwirtschaftlicher Konzern, der ausschließlich Investoreninteressen bedient, rund um die Uhr beträchtlichen Profit aus dem Fluß holt, während für dessen Unterhalt und Renaturierung großteils der Steuerzahler aufkommt.

Besondere Brisanz kommt hier dem Umstand zu, daß, wenn der Konzern E.on am Baierbrunner Wehr sein Restwasserkraftwerk bauen darf, jener auch noch dafür belohnt wird, daß er dies mit der Erstellung eines Fischabstiegs verbindet und damit für die verbesserte biologische Durchgängigkeit des Flusses an dieser Stelle sorgt. Einerseits bedürfte es dafür aber sicherlich keines Kraftwerkes und andererseits ist eine solche Maßnahme doch nur das Allermindeste, was man im Kontext eines Genehmigungsverfahrens einzufordern hat. Daß das Unternehmen hierfür jedoch im Gegenzug eine erheblich höhere Einspeisungsvergütung ins Stromnetz pro Kwh erhält, steht entgegen jeglicher Verhältnismäßigkeit. Ein Kraftwerk, das sich einmal amortisiert hat, funktioniert ohnehin wie eine Gelddruckmaschine. Und es ist doch eigentlich unbegreiflich, daß wir diese Maschinen, wenn wir sie schon zur Energiegewinnung betreiben wollen, nicht in eigener Rechnung, zugunsten des Gemeinwesens, laufen lassen und diesen Geldfluß in die längst trockengefallenen öffentlichen Haushalte leiten.

Nur, um Mißverständnisse zu vermeiden: Ich spreche mich eindeutig gegen den weiteren Ausbau der Wasserkraft an unseren Flüssen aus. Doch, wenn wir diesen nicht verhindern können, brauchen wir rechtzeitig einen „Plan B“, um für die Flüsse aus dieser verheerenden Entwicklung wenigstens möglichst viel herausholen zu können.

 

Hintergründe zur fachlichen Planung und Umsetzung bei Flußrenaturierungen

Da in diesem Artikel angemahnt wird, die Chance zu ergreifen, die Kraftwerksbetreiber zu weiteren Renaturierungs-Schritten an bayerischen Flüssen, insbesondere der Isar, im Zuge möglicher neuer Kraftwerks-Konzessionen, juristisch bindend zu verpflichten, möchte ich hier noch Hintergründe zur ministeriellen (Landesamt für Umwelt) und fachbehördlichen (Wasserwirtschaftsamt) Planungs- und Umsetzungs-Struktur aus einem informellen Gespräch mit einem Mitarbeiter einer zuständigen Fachbehörde – am Beispiel „Mühltal“ beitragen.

Frage: Dort gibt es doch für weitere Zurückbauungen noch erhebliche Potentiale. Denn, soweit ich weiß, wurden die Uferversteinungen an dieser Fluß-Strecke, trotz Renaturierungsbeschluß, in großem Umfang belassen: Nur sieben Kilometer sind zurückgebaut, also lediglich etwa. 2/3 der im Gewässerpflegeplan (nach dem Leitbild einer Furkationsstrecke mit Nebengerinnenen und Auwäldern) vorgesehenen Uferfixierungen. Das dürfte ein entscheidender Grund sein, daß die Isar sich in diesem Abschnitt wieder auf einen einzigen Flußarm zurückgezogen hat, anstatt eine Furkations-Strecke auszubilden, wie es im Gewässerpflegeplan für diesen Abschnitt eigentlich vorgesehen ist, so daß, wie man sagen muß, die Renaturierung zum großen Teil hier nicht funktioniert. Ist dieses Vorgehen also nicht sehr kurzsichtig oder halbherzig? Denn Seitengerinne der Isar konnten trotz teilweise kräftiger Hochwässer nicht wieder befüllt werden. Die Isar verengt sich zunehmend, tieft sich sogar noch weiter ein, und die einstige Weichholz-Aue hat sich dort auch längst in eine Hartholz-Aue bzw. in Mischwald umgewandelt. Wie beurteilen Sie diese Situation und weshalb wurden die Uferversteinungen, obwohl man das Problem erkannt hat, nicht in noch größerem Umfang entnommen, wie es ursprünglich der Gewässerpflegeplan auch vorsieht?

Antwort: Es wurde damals …, man muß sich das ja auch so vorstellen, das war ja ein riesiges Projekt und ein riesiger Angang, zu diesem Zeitpunkt hatten wir es ja auch noch mit den „Isar-Amper-Werken“ und den „Bayern-Werken“ als Betreiberfirmen zu tun, man hatte also wenig Erfahrung, auch, was Renaturierung über eine so große Strecke anbetrifft, also hat man auf der Basis des „Landschaftspflegerischen Begleitplans“, der ja aufgesetzt wurde im „Wasserrechtlichen Verfahren“, diese Uferverbauungen erst einmal nur teilweise entnommen. Und es ist so, daß der „Gewässerpflegeplan“, wie er damals hieß, das „Gewässerentwicklungskonzept“, wie man heute sagt, das war damals wesentlich weitreichender, als man dann in der Umsetzung tatsächlich gegangen ist. Das ist einfach zu erklären: Das „Gewässerentwicklungskonzept“ ist immer relativ gröber im Maßstab, d.h., da werden grundsätzliche Umsetzungsziele und –Maßnahmen benannt; ob die dann tatsächlich im Gelände so 1 : 1 zu verwirklichen sind, beantwortet dann eher wieder der „Landschaftspflegerische Begleitplan“, der auch wesentlich kleinmaßstäblicher, also 1 : 5.000 ist, in manchen Fällen auf bis zu 1 : 1.000 runtergeht. Und der „LBP-Mühltal“, der hier maßgeblich ist, hat ganz konkret vorgeschlagen, auf welchen Strecken die Uferverbauungen entnommen werden können, ohne daß man jetzt ins Naturschutzgebiet besonders stark eingreift … 

Frage: Muß man im Mühltal also das Naturschutzgebiet vor der wirklichen Natur schützen, mit Steinverbauungen? Was stellt den höheren Wert dar, ein Paar Hangtümpel in einem mit Beton abgeriegelten Waldstreifen oder eine intakte, da weitaus dynamischere Wildflußlandschaft mit ihren immensen Fächer an Habitaten, die allerdings durch die Hochwässer immer wieder umgelagert werden? Zumindest kam doch die Isar-Natur in den letzten 12.00 Jahren immer ganz gut mit diesem Prinzip zurecht.

Antwort: Es ging bei all diesen Fragen, wo läßt man wieviel Dynamik zu, schon auch darum, die bereits unter den bestehenden Verhältnissen entstandenen Biotope zu erhalten. 

Frage: Und welcher genaue Stellenwert kommt hier dem „Landschaftspflegerischen Begleitplan“ zu?

Antwort: Der ist praktisch Bestandteil des Planungs-, also in dem Fall, des Planfeststellungsverfahrens oder auch „Wasserrechtlichen Verfahrens“. Im Grunde genommen brauchen Sie den „LBP“ heute im Kleinen wie im Großen, für jedes Verfahren …

Frage: Wer ist für dessen Erstellung zuständig?

Antwort: Also der „LBP“ war für das Mühltal privat vergeben worden. Den hatte damals das Planungsbüro „Blasio und Mader“ gemacht. Derart große Planungen kann eine Verwaltung nicht selbst leisten. So etwas wird immer vergeben. Und dieser ist auch ein sehr umfangreiches Werk. Den zieht die Behörde auch heute noch heran, um zu vergleichen, was damals vorgesehen wurde, wenn wir schauen, wie sich das bis heute entwickelt hat.

 

Dieses Gespräch läßt, gerade zu dessen Anfang, die Diskrepanz zwischen den Renaturierungs-Maßgaben aus dem „Gewässerentwicklungskonzept“ und den tatsächlichen Renaturierungs-Verpflichtungen erahnen, die der meist über einen Zeitraum von über 30 Jahren gültige „Wasserrechtsbescheid“ dem Betreiber-Konzern (in diesem Fall der E.on-Wasserkraft) abverlangt, auch wie leicht auf diesem komplizierten und unübersichtlichen behördlich-juristischen Instanzenweg ein Großteil an echter inhaltlicher Substanz der ursprünglichen Renaturierungsemphehlungen herausgekämmt werden kann. Gründe, warum ein Fluß nicht in ausreichendem Maße renaturiert wird – wie hier beispielsweise, um bereits bestehende Klein-Biotope zu erhalten – lassen sich dafür immer finden. (Und gerade dieses Beispiel mutet doch an, wie wenn man entscheidet, daß in einem brennenden Haus nicht gelöscht werden darf, nur weil sonst Wasserflecken auf den Teppich gelangen könnten.)

 

Zwar haben wir bei uns möglicherweise noch nicht überall vergleichbare Verhältnisse wie in den USA, in denen zwischen Industrie und Aufsichtsbehörden, den Ministerien, zumeist das „Drehtür-Prinzip“ herrscht, doch manches erinnert schon daran; denn, daß hier Konzern-Interessen in schamloser Weise auf Kosten der Natur bedient werden, ist schwer zu übersehen.

Ralf Sartori

 

Ein zaghafter Auftakt und die Musik beginnt/
Der Isarplan in München: Zwischenbilanz

Beitrag von Dr. Nico Döring/ publiziert: Samstag, 15. Oktober 2011

Ich arbeite seit über 20 Jahren für die Renaturierung der Isar, koordiniere und motiviere, trage Ideen zusammen für weitere Schritte und Maßnahmen und gehe dabei ein und aus in Ämtern und Büros. Ich erlebe Widerstände und Ängste, Vorbehalte und Hemmnisse, die abzubauen und zu überwinden mein Anliegen ist. Auf der Arbeitsebene kommt die Sache nur schleppend voran. Der Eine will nicht und der Andere kann so nicht und die Dritte muß erst noch prüfen und das so lange, bis die Gelegenheit vorbei ist. Und der Vierte verfolgt eigene Interessen.

Es hat sich dennoch viel getan in diesen zwanzig Jahren. Die neue Kraft der Isar, seit der Renaturierung, freut mich sehr: Noch vor 20 Jahren war das alles unvorstellbar. Heute ist eine gewisse Dialogbereitschaft vorhanden. Sie besitzt aber noch keine eigene Kraft, und eine dauerhafte Einrichtung hierzu fehlt. Vor zwanzig Jahren war sie jedoch noch geringer und die Idee, daß sich beispielsweise Fischer und Vogelschützer austauschen und zusammenarbeiten, war sogar verpönt und für Mitarbeiter ausdrücklich unerwünscht. Selbst bei klassischen Naturschützern wurde eine Zusammenarbeit zwischen den Verbänden von der Führung nicht unterstützt, ungern gesehen und war, laut Dienstanweisung, zu vermeiden. Und das Thema Wildnis einer natürlicher fließenden Isar hatte noch keinen Stellenwert in der Öffentlichkeit. Hier ist eine Bewegung entstanden. Die Isarrenaturierung ist dabei zum vorzeigbaren Leuchtturmprojekt geworden und damit zum Hingucker avanciert. Sie findet Beachtung. Planer greifen andernorts hier verwirklichte Ideen auf, lassen sich inspirieren und entwickeln weitergehende Planungen zur Flußrenaturierung. Das wiegt in der Gesamtschau schwerer als noch bestehende Defizite. Diese Entwicklung insgesamt freut mich, auch wenn die ersten großen Renaturierungsprojekte vor und in München noch recht unentschlossen und ziellos angegangen worden sind, was die Isar selbst anbelangt (…).

Ebenso wie an der Isar, wo nahezu durchgehend ein harter Uferverbau vorgelegen hatte, war das Korsett im übertragenen Sinn auch in den Amtsstuben erlebbar. Gespräche auf den unteren Ebenen ließen keine Hoffnung auf eine schnelle Wende aufkommen, Dialog war nicht vorgesehen. Und auf Ministerebene gaben die Bayernwerke mit ihren eingespielten Kontakten den Weg vor. (…) Zu Mühltal, zwischen Baierbrunn und Icking, fruchtete kein Gespräch. Die Verwaltungsbehörde ließ Renaturierungsvarianten selbst in der Rest-Isar neben dem Kanal nicht einmal als zu untersuchende Alternative zu. Die ausgrenzende Nähe zwischen Politik, Verwaltungsbehörden und großen Stromerzeugern wurde mit gelassenem Selbstverständnis praktiziert. Die hierbei entstehende Polarisierung war enorm: Man konnte entweder gegen die offizielle Linie und damit für eine Renaturierung und für eine Wiederherstellung der Geschiebedrift sein oder man heulte mit den Wölfen und zog über uns Isar-Spinner her. Dann war man gelitten und dabei. Mehrere engagierte fachkundige und von Renaturierungsmaßnahmen überzeugte Kollegen hielten diesem politischen Druck nicht stand. Ich selbst wurde als Sprecher und Koordinator der Isarallianz aus dem Naturschutzbeirat an der Bezirksregierung von Oberbayern ausgeschlossen, wurde direkt beruflich sanktioniert und am Rande privat geschnitten.

Beim Isarplan in München waren wir einen Schritt weiter. Der erste politische Erfolg in Mühltal war eingefahren. Hier war das zu erreichende Ziel der Behörden auch ein anderes, nämlich der Hochwasserschutz, und die zuvor behördenintern abgewiesene Renaturierung kam durch unseren Vorstoß als Teil der Hochwassersicherung im Huckepack.

Das Beste am Isarplan, der Isar-Renaturierung in München, ist allerdings der Leuchtturmeffekt. Er wird getragen durch die Menschen, die jetzt einen neuen Zugang zur Isar finden und für sich die Isar, so wie sie nun ist, entdecken und lieben lernen. Damit bestehen beste Voraussetzungen, gegebene Ängste abzubauen und weitere Renaturierungsmaßnahmen zu entwickeln. Der im ersten Ansatz entscheidende Schritt ist somit gelungen. Teure technische Baumaßnahmen, beispielsweise die Sicherung der „Sparten“, wie Fernwärmeleitungen und Kabel unter dem gesamten Isarbett, sind erfolgt. Weitere Maßnahmen an noch nicht renaturierten Ufern können nun auch sukzessive im Kleinen die Renaturierung vervollständigen.

Die Idee einer natürlicheren Isar ist salonfähig geworden und auch auf höchster Ebene zeigt man mittlerweile Interesse. (…)   So sehe ich das bisherige Ergebnis insgesamt positiv, ohne jedoch zu verschweigen, daß bei den erfolgten Maßnahmen vieles mehr – und das zum Teil ohne weiteren finanziellen Aufwand – für Menschen und Natur möglich gewesen wäre. (…)   Im Ansatz ist auch die Renaturierung in Mühltal großartig. Sie wurde allerdings nur auf politischen Druck – schließlich von oben – verordnet und in der Ausführung auf ein Stückwerk zusammengestutzt.
 Zu beteiligende Parteien saßen nicht an einem Tisch. Beton und Flußbausteine wurden nur an etwa der Hälfte der Strecke zurückgenommen, und das weitgehend einseitig und ohne schlüssiges flußbauliches Gesamtkonzept. Es wurde dort an der Isar weit weniger neue Fläche zur Verfügung gestellt, als es schon der Gewässerpflegeplan von 1992 vorgegeben hatte und als dies ohne weiteres möglich gewesen wäre, da diese Flächen, was sonst selten der Fall ist, hier zur Verfügung stehen. Im Gewässerpflegeplan vorgesehene Steuerungsmaßnahmen wurden gar nicht ausgeführt, auch Monitoring und die Option einer Nachbesserung lehnten das Umweltministerium ab. Die gesteckten Ziele wurden damit nicht erreicht. So ist daraus eine halbe Sache geworden.

Ein damals neuer „Sicherungskeil“ unterhalb des Kraftwerkes, aus alten Betonbrocken – wie ein „L“, mitten in den Auwald gesetzt –  erwies sich wasserbautechnisch als großer Fehler und führt zu gut dokumentierten, nicht behobenen Schäden an der Isar und zu weiteren Folgeschäden flußabwärts. Jener Flußabschnitt war zuvor noch stabil, ohne Eintiefungstendenzen. Nun entstanden dort beim Kraftwerk Mühltal und davon ausgehend auch flußabwärts, gravierende Eintiefungen des Flußbettes, als eine Folge des gesetzten Sicherungskeiles. Und das ist alarmierend! Dieser Keil – war im Gewässerpflegeplan gar nicht vorgesehen. Das Planungsbüro hielt ihn dennoch für unverzichtbar und die Betreiber „durften“ ihn mitten im Naturschutzgebiet bauen. Wer übernimmt nun die Verantwortung für diese Genehmigung? Wer entfernt ihn wieder? Möglicherweise ist er sogar aus dem Renaturierungsbudget bezahlt worden. Bilanzen hierzu wurden nicht offengelegt. Nach offizieller Argumentation bedurfte es des Keiles, um den Kanalrücklauf unterhalb des Kraftwerkes zu sichern. Nach Meinung unabhängiger Fachleute hingegen ist diese massive Sicherung überflüssig, da die natürliche Rest-Isar gar nicht mehr die Kraft besitzt, sich pendelnd und ohne Gefälle bis dorthin vorzuarbeiten. Eine geringe Aufhöhung des bestehenden Weges direkt neben dem Kanal wäre ebenso wirksam und garantiert schadlos für den Auwald und die Isar gewesen.

Flußaufwärts in Richtung „Ickinger Wehr“ tiefte sich die Isar auch vor den Renaturierungsmaßnahmen bereits ein. Die hier ausgeführten Maßnahmen konnten den Prozeß allerdings nicht aufhalten, da die Uferbefestigungen, wie gesagt nur um ca. die Hälfte – und nur bruchstückhaft – zurückgebaut worden waren. Hier besteht ebenfalls (dringender) Handlungsbedarf, sofern Politik und Wirtschaft an ihren Worten gemessen werden wollen.

 

Nun von „Mühltal“ nach München

Der Isarplan München hat sein Hauptziel der Hochwassersicherung erreicht. Die Isarrenaturierung ist städtisch überzeugend, beinhaltet dabei aber weitere großartige Entwicklungspotentiale mitten in der Stadt, an die man sich bisher nicht herangewagt hatte. Eine kulturelle Wiederbelebung der Uferbereiche und der Praterinsel, im Zuge der viel diskutierten Urbanität, im Konsens mit den Belangen der „Wildflußlandschaft“ der Kleinen Isar, ist auch vorstellbar und mit dem kommenden Münchner Rathauschef noch zu meistern.

 

Folgende Punkte sind bisher nicht zufriedenstellend

Der Flußverlauf im Bereich des Hochwasserbetts wurde a priori von der Landeshauptstadt politisch festgelegt, ohne andere Varianten zur Prüfung zuzulassen. Die Isarallianz, die mit ihrer weitreichenden Vision eine Hochwassersicherung mit Renaturierung, anstatt einer reinen Dammerhöhung, auf den Weg gebracht hatte, war von vorne herein aus allen entscheidenden Gremien ausgeschlossen. Mit der Isarallianz kooperierende Planungsbüros wurden ebenfalls von Aufträgen, die mit dem Vorhaben verbundenen waren, ausgeschlossen.

Chancen, sowohl für die Menschen als auch für die Natur wurden so unnötig vergeben. Hier fehlten ein unabhängiger und überparteilicher Isarkoordinator mit Sachverstand und eine geeignete Plattform für alle Interessen über den mit dem Tagesgeschäft belegten Behördenapparaten.

In den Medien sprach der Umweltminister von Bürgerbeteiligung, in der Praxis erfolgten lediglich zögerliche Information und wenig Dialog, der in den letzten Jahren ganz einschlief. Eine öffentliche Diskussion zu durchaus vorliegenden Alternativvarianten im Zuge der Hochwassersicherung mit Renaturierung war dabei nicht vorgesehen. Alle konstruktiven Ansätze hierzu wurden unterbunden. Das Münchner Forum, das sich frühzeitig für den Erhalt der Hochwasserwiesen zu Lasten einer renaturierten Isar ausgesprochen hatte, stand, aufgrund seiner Festlegung, für diese Aufgabe nicht als Vermittler zur Verfügung. Informelle Appelle an das Forum blieben ohne Resonanz. Es vermied, sich in dieses politisch und energiewirtschaftlich geprägte Spannungsfeld einzuklinken und dabei in bewährter Praxis zu moderieren.

Bei dem Wettbewerb zur innerstädtischen Isar bestand gar keine Dialogbereitschaft. Auch hier blieben alle Anträge fruchtlos. Dies führte letztlich zu dem Fiasko mit einer Entscheidung des Preisgerichts über die Köpfe der Münchner hinweg. Das Konzept der gekürten ersten Preisträgerin, welches sicherlich urban ist, aber nicht den Vorgaben des Isarleitbildes (Flaucher) entsprach, wurde unisono von Verbänden, Bezirksausschüssen und Gruppierungen in München abgelehnt. Im Zuge des von der Stadt initiierten Mediationsverfahren, mit Dr. Frank H. Schmidt aus Nürnberg, begann 2004 erstmals ein vertrauensvoller Dialog. In diesem Dialog erfolgte als Kompromißvorschlag durch die Stadt die Zusage einer Überplanung der Wettbewerbsstrecke abschnittsweise mit der ersten Preisträgerin und dem zweiten von uns favorisierten Preisträger gemeinsam. Dieser Vorschlag wurde von uns angenommen. Daneben erfolgten Zusagen zur Ausstattung des westseitigen Ufers mit Buhnen, so daß eine Strukturierung des Ufers mit kleinen beruhigten Zonen entstehen würde. Auch eine Zusage zur Renaturierung der Mündung des Isarkanals unterhalb der Braunauer Eisenbahnbrücke, für die ich eine Planskizze beigesteuert hatte, erfolgte. Diese wurde jedoch später mit der  Argumentation zurückgezogen, daß die Stadtwerke nicht die Verantwortlichkeit für eine renaturierte Kanalmündung übernehmen würden. (Hier wäre wieder zu hinterfragen, was es damit genau auf sich hatte und ggf. nachzuverhandeln. Es ist eine schier endlose Aufgabe, ohne dabei selbst beteiligt zu sein.)

Die an der Mediation beteiligten Gruppen hatten zum ersten Mal das Gefühl, ernst genommen worden zu sein. Der Mediator erzielte nach eigener Einschätzung ein gutes Ergebnis. Er stellte es in einem Abschlußdokument seinem Auftraggeber, der Landeshauptstadt, zur Verteilung an die beteiligten Gruppen, zur Verfügung. Dieses Ergebnisdokument wurde dort allerdings ohne Angabe von Gründen „kassiert“ und nicht an die Beteiligten weitergeleitet. Damit kassierte man auch gegebene Zusagen. Und die weitere Gestaltung der Isar wurde ohne Mitsprache behördenintern festgelegt. Damit konnte keiner wirklich glücklich sein, doch man arbeitete in diesem vorgegebenen Rahmen mit einem Minimum an fruchtbaren Austausch bis zum Abschluß des Isarplans 2011.

(…)

Renaturierung funktioniert, sofern die wasserbaulichen physikalischen Anforderungen erfüllt sind. Die Qualität bleibt auf der Strecke, sobald politische Vorgaben vor fachlichen Anforderungen stehen und halbe Lösungen als politisch zugestandener Kompromiß vorgegeben sind.

Die Arbeitsgruppe Isarplan war nicht darauf eingestellt, zu informieren und daraufhin in einem ergebnisoffenen Dialog alte und überholte Planungsvorgaben zu hinterfragen sowie einen möglichen weitergehenden räumlichen Umgriff des Isarplans, der den noch vorhandenen Auwaldbereich in der Stadt einbezogen hätte, dabei zu integrieren.

Den städtischen Behörden war hingegen eine vorgegebene starre parkähnliche „stadtgärtnerische“ Planung aus den Sechziger Jahren mit definierten Bolzplätzen und nicht zu verändernden Hochwasserwiesen, vorrangig. Die lebendige Isar blieb nachgeordnet und wurde weniger zugelassen, als es die gegebene Bebauung erlaubt hätte.

Alte Vorgaben der Landeshauptstadt, die seinerzeit noch eine wesentliche Umgestaltung der innerstädtischen Isar ausschlossen sowie alte Gepflogenheiten auf der staatlichen Seite der Wasserwirtschaft, hatten Bestand und bildeten ein politisch hergeleitetes und räumlich unpassendes Korsett für den neuen Isarplan. Das Wasserwirtschaftsamt erkannte dies frühzeitig und plädierte für eine weitergreifende Lösung. Aufgrund des Widerstandes der Landeshauptstadt gegen die Einbindung der Auwälder und gegen eine entsprechende Erweiterung des Planungsumgriffs, und entsprechend dem eigenen Anliegen einer zügigen Umsetzung, nahm es Qualitätseinbußen billigend in Kauf. Mit besagter Konstellation ist es erklärbar, daß eine qualifizierte Beteiligung der Isarallianz nicht gewünscht war.
Gleichzeitig erfuhr ich vielseitige Restriktionen. Sie prägten meinen beruflichen Alltag und betrafen auch andere aktive Mitglieder der Isarallianz.

So entwickelte sich ein Mangel an Bereitschaft im Zusammenspiel fachlich kompetenter Kräfte verschiedener Disziplinen. Dieser wirkte sich im Qualitätsverlust bei Detaillösungen aus. Die überdimensionalen Sicherungen an Brückenpfeilern, wie beispielsweise an der Reichenbachbrücke, die wie gestrandete U-Boote in der Isar liegen, sind so weder schön, noch nötig, noch nützlich, noch ökologisch. Sie sind weder als schützender Fischeinstände gestaltet, noch sind sie an der Oberfläche mit ihren betonverfugten Steinquadern für die Tier- und Pflanzenwelt zugänglich. Und selbst für die Menschen ist dieses U-Boot, im Gegensatz zu den gut angenommenen Flußterrassen an der Corneliusbrücke nicht brauchbar.

(…)

 Zwar wirkt die Isar heute unvergleichbar ansprechender als vorher, jedoch ist ihr innerstädtische Bereich nur auf einer Seite naturnah gestaltet worden, auf der anderen immer noch kanalartig belassen. Schon von daher betrachtet, ist die Renaturierung nur eine halbe Sache. Die Isar wird jetzt unterhalb der Braunauer Eisenbahnbrücke mit neuen Buhnen, entgegen ihrer eigenen Dynamik, an das westliche Ufer an der Erhardstraße gedrückt und einseitig kanalisiert gehalten. Diese westseitigen Ufer sind höchst unnatürlich, zugleich gefährlich und dabei schlecht zugänglich. Schon mit kleinsten Kiesbänken könnten sie natürlicher, erlebbar, ansehnlich und zugleich sicherer sein. Kleine Kiesanlagerungen sind kompatibel mit der Hochwassersicherheit. Sie entsprechen dem Isar-Leitbild (Flaucher). Das Ziel einer möglichst eigenständigen Regulation der Ufer mit einem leichten Pendeln des Stromstriches könnte sich hier einstellen. Kleine Kiesbänke sind auch im Sinn der Landschaftsschutzverordnung sowie der europäischen Wasserrahmenrichtlinie, die den guten Zustand auch der westseitigen Ufer vorsieht. In kleinen Renaturierungsschritten kann künftig in begrenztem Umfang ebenfalls die Westseite erschlossen werden. Solche kleinen Maßnahmen wären auch im Rahmen des Unterhalts auszuführen und würden ein Geschenk und einen Segen für die Menschen auf der Westseite bedeuten, die auf den teuren Steg als Verbindung zur renaturierten Ostseite vertröstet werden.

(…)

Es liegt an den Verantwortlichen, wieviele Besucher und wieviel Natur sie an diesen westseitigen kanalisierten Ufern zulassen. Hochwassertechnisch spricht nichts dagegen, und naturschützerisch ebensowenig. Es liegt an den Zuständigen der Stadt, wie jenen des Staates, in einem geeigneten Rahmen fachübergreifend weitere Perspektiven entwickeln zu lassen und die Bürger qualifiziert einzubinden.

(…)

Um dem Leitbild gerecht zu werden, müßte dem Fluß im möglichen Umfang wieder erlaubt werden, natürlich zu pendeln, sich in einem breiteren Bett in einzelne Gerinne zu verzweigen und immer wieder frische Kiesbänke zu gestalten. Im Abschnitt des Isarplanes wären hierfür noch ausreichende Flächen vorhanden.

Im südlichen Bereich, bis zum Tierpark, ist der Talraum jedoch eng begrenzt, so daß dort ohnehin nur Raum für eine naturnahe Uferausbildung gegeben ist. In diesem Bereich ist die Isar eingeengt durch den Isarkanal mit dem Dammweg zwischen Isar und Kanal sowie dem Damm unterhalb der Hangkante ostseitig. Kleine Auebereiche unterhalb der Hangkante sind durch den Damm abgeschnitten. Verbindungen der Natur-Isar zwischen dem ruhig fließenden tiefen Wasserkörper des Kanals, den geschützten Auerinnen sowie der flachen Isar fehlen. Diese drei unterschiedlichen Teil-Habitate bilden erst in ihrer Vernetzung ein vollständiges und funktionsfähiges Mosaik der in verschiedenen Lebensphasen und Jahreszyklen jeweils nötigen Lebensräume für Fische. Auerinnen sind einerseits wichtige Nischen für die Fischbrut und andererseits aquatische Rückzugsgebiete zu Hochwasserzeiten.

Die Fischfauna ist über die gesamte Isar in einem bemerkenswert schlechtem Zustand, sowohl bezüglich ehemals vorhandener Laichplätze, hinsichtlich Fischaltersgruppen, als auch bezüglich der viel zu geringen Fischmenge insgesamt, im Vergleich zu einem natürlichem Fließ-Gewässer in gutem Zustand. Auch hier erweist sich, daß Hilfsmaßnahmen für eine Art gleichzeitig attraktiv für Erholungssuchende sein können, wie es an der Fischwanderhilfe an der Ostseite des Flauchersteges deutlich wird.

Einzelne „Fisch-Kaskaden“ (beispielsweise kleine Querbäche, die vom Werkskanal an die Isar herunterführen würden) hätten große Wirkung. Fische wandern ohnehin bevorzugt in der kühlen Jahreszeit. Mit der daraus resultierenden zeitlichen Versetzung von Kinderspiel und „Nutzungsbedarf“ für Fische, wie bei Hochwässern, zur Laichzeit und zur saisonalen Wanderung, können hier für alle Seiten vermeintlich unverträgliche Bedürfnisse gut unter einen Hut gebracht werden.

 

Vom Tierpark aus beginnend, oberhalb des Flauchers, bis nahezu zum Deutschen Museum, ziehen sich ostseitig, zwischen dem städtischen Siedlungsraum und dem Isardamm, durchgehend Isar-begleitende Auebereiche. Sie sind noch immer durchzogen von historischen Isarrinnen, dem Aubach und Altwassern. Auch sie sind abgeschnitten durch den Isardamm, der in diesem Bereich zu nahe am Hauptstrom liegt und eigentlich im Außenbereich des Auwaldgürtels auf der Seite der Bebauung liegen sollte. Randseitig zum Siedlungsbereich sind streckenweise sogar schon Wege vorhanden, die als Fuß für einen neuen Damm genutzt werden könnten.

(…)

 

Fazit und Ausblick

Entlang der Isar in München sind in mehreren Abschnitten weitläufige flußbegleitende Grünflächen gegeben, die sich für weiterführende Renaturierungmaßnahmen auf der Basis des Isar-Leitbildes „Flaucher“ eignen. Ab der Praterinsel und flußabwärts ist das Flächenangebot ohnehin gering. Dort stehen allerdings andere Gestaltungstechniken zur Verfügung, um den zur Zeit trostlosen Flußraum für Mensch und Natur zu verbessern, wie der Bau von Holzstegen mit strukturverbessernden Maßnahmen im monotonen Flußbett.

 

Renaturierung in der Stadt: ein Widerspruch kann funktionieren

Die Isar bleibt ein inkohärentes und kostspieliges Stückwerk, wenn auf unterer Ebene – und abhängig von verschiedensten Einflußnahmen – mal das eine und mal das andere Ziel verfolgt, und dabei vornehmlich Schadensbegrenzung betrieben wird. Die Bevölkerung zeigt großes Interesse und ist mit breiter Akzeptanz für eine renaturierte Isar.

Naturflächen in Interaktion mit der Isar sind attraktivste Naturerlebnis- und Naherholungsflächen in der Stadt. Durch die Isar werden sie im Geschehen von Hochwässern und ohne zusätzliche Kosten jeweils neu gestaltet und behalten ihre Attraktivität. Kiesumlagerung, so wie es am Flaucher seit jeher geschieht, ist eine Charakter-Eigenschaft der Isar. Diese schafft ein Naturerlebnis der besten Klasse.

Es ist allerdings ohne entschiedene Weichenstellung von oben und ohne klare Führung von außen kaum vorstellbar, daß eine so hochkomplexe und vielschichtige Münchner Verwaltung  diese Vielzahl von alten Plänen, Beschlüssen und Vorgaben bei Seite stellen kann, um den vorhandenen Raum, der gedanklich anders belegt ist, unvoreingenommen freizugeben für die Neue Isar und die Menschen, die dort leben.

Die laufende Neugestaltung frisch durch den Fluß strukturierter Kiesbänke assoziiert das Bild gepflegter Zengärten. Ich betrachte die Isar als göttliche Schöpfung und als Wesenheit, die andauernd und immer wieder neugestaltig ihre Wassergärten anlegt, dabei große Mengen von  Kies und Treibholz in Fluß bringt und so ein Stück der Bergwelt mitten in das Herz von München zieht. Freizeitnutzung ist innerstädtisch mit Renaturierung durchaus kompatibel und mit einer Fortführung und Weiterentwicklung des Flußraumes für Mensch und Natur ein Gewinn.

Die Wildflußlandschaft Isar innerhalb der Stadt einfach zu genießen und dabei erleben zu können, ist mit den vielen neuen Isarfans ein Label Münchens geworden wie das Oktoberfest. Die gelungene Verflechtung von Natur, verschiedensten Freizeitnutzungen und Kultur in der Stadt bildet dabei ein Musterbeispiel für Urbanität.

Die landesweite Entwicklung der Isar mit einer Leuchtturmfunktion für den Donauraum und andere alpine Flußlandschaften wird gut gelingen, wenn auf höchster Ebene politisch grünes Licht gegeben und damit der Weg freigemacht wird.

 

Dr. Nico Döring 

Dieser Beitrag befindet sich in voller Länge in Band 3 „Die neue Isar“.

 

 

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